Unsere G’schicht

Die Gründung des Vereins

Als sich in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg die städtische Kleidung auch auf dem Lande immer mehr durchsetzte, befassten sich mehrere gleichgesinnte junge Burschen, Bauernsöhne und Dienstboten mit dem Gedanken, in Vogtareuth einen Trachtenverein zu gründen, um die bodenständige, ländliche Trachtenkleidung nicht verkommen zu lassen. Obwohl sie von verschiedenen Seiten verlacht wurden, ließen sie sich nicht von ihrem Vorhaben abbringen. So kamen sie auch am 1. Mai 1920 im Gasthaus Bader in Strasskirchen zusammen, um einen Trachtenverein mit dem Leitsatz: „Sitte und Brauch der Alten wollen wir erhalten“ zu gründen. Gründungsmitglieder Sie gaben sich dem Namen „de Griabinga vo Strasskirchen“ mit dem Vereinsspruch „gsund sam ma“. Als erster Vorstand wurde Andreas Schauer, Strassöd, gewählt. Erster Kassier wurde Josef Fischbacher, Sulmaring, und erster Schriftführer Georg Loy aus Aign. Der neu gegründete Verein schloss sich dem Gauverband I an. Gefördert wurde er durch August Jüngling, der von 1911 bis 1919 Gauvorstand des Gauverbandes I war und in Vogtareuth wohnte.

Der Wechsel des Namens und des Vereinsheims


Wegen Platzmangels beim Gasthaus Bader in Straßkirchen wechselte der Verein 1921 nach Vogtareuth ins Gasthaus Bräu, wo genügend Platz war, die Plattler und Trachtentänze zu proben. Auf Anraten des Gauvorstandes Thomas Bacher wurde auch der Vereinsname zunächst in „GTEV Unterinntaler Strasskirchen Vogtareuth“ geändert. 1922 erfolgte eine erneute Änderung auf den heutigen Namen.
Die Mitglieder des rasch wachsenden Vereins einigten sich trotz aller Schwierigkeiten nach dem Krieg, die Miesbacher Tracht anzuschaffen. Im selben Jahr wurden schon Fahnenweihen und andere Feste bei Nachbarsvereinen besucht, meist mit dem Fahrrad oder gar zu Fuß. Bereits im Herbst konnte der erste Trachtenball stattfinden, der allseits großes Interesse fand.

Die Fahnenweihe 1923

Mit der Zeit wurde der Wunsch nach einer eigenen Fahne größer. Die Inflation 1923 erschwerte dieses Vorhaben. Auf dem Entwurf der Fahne war auf der einen Seite das Dorf Vogtareuth mit der Kirche als Mittelpunkt und das danebenstehende Gerichtsgebäude, die Vogtei, zu sehen. Die andere Seite, der bei einer Rosenheimer Stickerei in Auftrag gegebenen Fahne, zeigte ein Feldkreuz mit einem Trachtenpaar. Auf Einwand von Herrn Pfarrer Anton Wenning wurden die Fahnenmotive noch ergänzt. So wurde über dem Ortsbild von Vogtareuth noch eine Muttergottes eingestickt. Der Termin der Weihe rückte immer näher und es wurde Zeit, sich um einen Patenverein umzusehen. „Almengrün“ Riedering wurde hierzu auserwählt, nachdem der Gauverband I die Trachtenvereine von Riedering, Prien und Endorf als die drei ältesten in seinen Reihen zur Auswahl angeboten hatte. Das Patenbitten fand am Stephanietag 1922 statt. Fahnenmutter war Agnes Gartner, Fahnenbraut Elisabeth Rinser. Das Geld war durch die Inflation so rar, dass sich unsere Festjungfrauen ihre Erinnerungsbänder selbst gestickt haben. Nach viel Arbeit konnte am 7. und 8. Juli 1923 die erste Fahne des Trachtenvereins „Unterinntaler“ Vogtareuth von Herrn Pfarrer Anton Wenning die kirchliche Weihe erhalten. Die Pfarrgemeinde sowie die ganze politische Gemeinde Vogtareuth mit dem Ort Zaisering und 25 auswärtige Trachtenvereine beteiligten sich an diesem schönen Fest, mit dem der GTEV „Unterinntaler“ als kultureller Verein in die Gemeindegeschichte einging. 1930 beteiligte sich der Verein beim Trachtenaufmarsch in Rosenheim. In dieser Zeit entstand im Verein auch eine rührige Theatergruppe, die bayerische Volksstücke zur Aufführung brachte.

Die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg

Im Jahre 1939 kam der schreckliche 2. Weltkrieg der alle Lust und Fröhlichkeit einstellte. Fast alle jungen aktiven Trachtler wurden zu den Waffen gerufen. Leider mussten viele ihr junges Leben lassen, kamen in Gefangenschaft oder sind bis heute noch vermisst. Durch den Tod vieler Mitglieder wurde unser Verein stark geschwächt. Die Fahne musste vor den Amerikanern auf einem Dachboden versteckt werden, weil diese damals für einen kulturellen Verein kein Verständnis zeigten. Die Tracht wurde als eine Art Uniform angesehen und verboten. Durch Vermittlung des Herrn Dr. Bscherer und Herrn Josef Fischbacher bei der Bayerischen Regierung, wagte man es 1947 wieder in der Öffentlichkeit aufzutreten. 1947 konnten auch wieder die ersten Trachtenfeste gefeiert werden. So wurde auch in unserem Trachtenverein neu angefangen. Die Überlebenden des Krieges und neu hinzugekommene junge Leute verhalfen dem Verein zu einem neuen Aufschwung.


Der Aufbau einer Kinder- und Jugendgruppe

Um 1947 versuchte der Verein mit einigen tanz- und plattlerbegeisterten Kindern den Aufbau einer Jugendgruppe. Im Laufe der Jahre wuchs die Kindergruppe zu einer starken Jugend- und Aktivengruppe heran. Unter Anleitung einiger rühriger Vereinsmitglieder bildeten sich gute Plattler und Dreherinnen heraus. Seit der Gründung der Gaugruppe sind in dieser stets einige aktive Dirndl und Buam unseres Vereins vertreten.

Das 30-jährige Gründungsjubiläum

Im Jahre 1950 feierte unser Verein das 30-jährige Gründungsfest. Aus diesem Anlass wurde die Grabstätte des ehemaligen Vorstandes vom Gauvorband I, August Jüngling, im Vogtareuther Friedhof restauriert und in Goldschrift gefasst.

Heimatabend und Vereinspreisplatteln

Seit 1950 führt der Verein regelmäßig seinen Heimatabend und seit 1958 sein jährliches Preisplatteln durch. Aufgrund der guten Vorplattlerarbeit schneiden die Dirndl und Buam immer wieder gut bei den jeweiligen Wertungsplatteln ab.

Die Fahnenweihe 1957

Durch jahrelanges Verstecken unserer Fahne auf dem Dachboden, war diese in einem sehr schlechten Zustand, deshalb wurde 1956 beschlossen, sie ausbessern zu lassen. Dabei wurde festgestellt, dass die abgestandenen Stoffe nicht mehr zu verwenden waren und somit eine neue Fahne angefertigt werden musste. Der Verein hatte zu dieser Zeit nicht viel Geld und so war dieses Vorhaben ein finanzielles Problem. Durch Spenden der Bevölkerung, der Geschäftsleute und vor allem von den aktiven Mitgliedern kam ein Betrag von 1.200 DM zusammen. Der Termin für die Fahnenweihe wurde auf den 25. und 26. Mai 1957 festegesetzt. Als Pate stellte sich wieder „Almengrün“ Riedering zur Verfügung. Im Frühjahr 1957 brach in Vogtareuth und den umliegenden Gemeinden die Maul- und Klauenseuche aus, so dass die Weihe unserer zweiten Fahne auf den 1. September 1957 verschoben werden musste. Geweiht wurde sie in unserer Pfarrkirche von Herrn Pfarrer Peter Astner. Das Amt der Fahnenmutter übernahm Frau Anni Rinser aus Oberwindering. Klothilde Spiel aus Weichselbaum stellte sich als Fahnenbraut zur Verfügung. Unter den Ehrengästen war auch der 1. Gauvorstand vom Gauverband I Herr Dr. Conrad Adlmaier sowie der 2. Gauvorstand Herr Josef März vom Bayerischen Inngau-Trachtenverband. Beim Festzug wurden die Ehrengäste in einer echten Landauer Kutsche gefahren. Diese war vom Verein in einem sehr schlechten Zustand erworben und wieder instandgesetzt worden.Fahnenweihe 1957

Der Wechsel vom Gauverband I zum Inngau

Weil sich Vogtareuth im Herzen des Inngaus befindet, fragte unser Verein 1963 beim Bayerischen Inngau-Trachtenverband an, ob man dort aufgenommen werden könnte. Dies wurde vom Bayerischen Inngau-Trachtenverband befürwortet, der Austritt aus dem Gauverband I vom Gauvorstand Dr. Conrad Adlmaier, der ein gebürtiger Zaiseringer war, abgelehnt. Nach längeren Verhandlungen wurde dann der Entschluss gefasst, doch zum Bayerischen Inngau-Trachtenverband überzutreten.

Erstes Maibaumaufstellen in Vogtareuth

Am 1. 5. 1966 ist erstmals in Vogtareuth durch Anregung vom Trachtenverein mit den übrigen Ortsvereinen beim Gasthaus Sewald ein dreißig Meter langer Maibaum aufgestellt worden. Mit Blasmusik und einer Festansprache unserer damaligen 1. Bürgermeisterin Frau Ulla Ertl, die in diesem Zug ihre Amtswürde übernahm, konnte die Gemeinde Vogtareuth ein doppeltes Fest feiern. Seitdem wurde in regelmäßigen Abständen immer wieder ein neuer Maibaum in Vogtareuth aufgestellt.

Leonhardiritt

1967 war unser Verein beim Leonhardi-Ritt in Grafing eingeladen. Seitdem beteiligten sich einige unserer verheirateten Frauen an diesem alten Brauch wie auch im Nachbarort Leonhardspfunzen, wo unsere aktiven Dirndl beim dortigen Umritt dabei sind. Aus diesem Grund schaffte der Verein 1985 einen eigenen Truhenwagen an. Vorstand Heinz Goebel als gelernter Wagner und seine Helfer benötigten über 1.000 Arbeitsstunden, um einen alten „Boigawogn“ wieder stilgerecht herzurichten.

Das Gaufest 1969

In der Herbstversammlung des Bayerischen Inngautrachtenverbands im Oktober 1968 fragte die Gauvorstandschaft, ob sich Vogtareuth für das Gaufest 1969 bewerben würde. Diesem Wunsch wurde in der Gauversammlung zugestimmt und der Termin auf den 12. / 13. Juli 1969 festgelegt. Am Vorabend dieses Festes war die Totenehrung und anschließend ein Standkonzert der hiesigen Blaskapelle. Anschließend war ein sehr schöner Gauheimatabend mit der Ortskapelle, vereinseigener Stubenmusik, Sängern, der Jugend- und Aktivengruppe des Vereins im großen Festzelt. Der Schirmherr des Gaufestes, Landrat Georg Knott, war auch beim Heimatabend am 12. Juli anwesend und überbrachte seine besten Wünsche für die Zukunft und für ein gutes Gelingen dieses Gaufestes. Vorstand Emmeram Kirchhuber konnte auch den Gauvorstand des Bayerischen Inngau-Trachtenverbands Jakl Opperer und den Gauvorstand des Chiemgau Alpenverbandes Sepp Perl begrüßen. Für 50-jährige Mitgliedschaft wurden vom Bayerischen Inngau-Trachtenverband an diesem Abend Andreas Schauer, Josef Fischbacher, Josef Schuster, Josef Deingruber, Monika Deingruber und Josef Rumberger mit dem goldenen Gau-Ehrenzeichen geehrt. Am Festsonntag, der mit dem musikalischen Weckruf begann, konnte unser Verein 50 Trachtenverein mit zwölf Musikkapellen, sowie zahlreiche Ortsvereine aus Vogtareuth und Zaisering begrüßen. Die Feldmesse wurde von unserem Herrn Pfarrer Peter Astner zelebriert. Feierlich umrahmt wurde dieser Festgottesdienst von der Blaskapelle Vogtareuth und dem Männergesangsverein mit der Bauernmesse von Annette Thoma. Um 14 Uhr begann der große Festzug durch den schön geschmückten Ort, wo Tausende von Zuschauern den Straßenrand säumten.

Mitgliederehrungen

Bei einem Vereinsabend am 30.9.1972 im Saal des Gasthauses Auer wurde unserem 1. Vorstand Emmeram Kirchhuber das goldene Gau-Ehrenzeichen vom Gauvorstand Jakl Opperer überreicht. Das silberne Gau-Ehrenzeichen erhielten Franz Gottbrecht, Adolf Spiel und Alois Schwaiger. Am 4.4.1976 erhielten nach einem Vereinspreisplatteln das silberne Gau-Ehrenzeichen durch Gauvorstand Jakl Opperer überreicht:

  •     Heini Deingruber
  •     Frieda Deingruber
  •     Nikolaus Schwaiger
  •     Fritz Bechthold

Die Fahnenweihe und 60-jähriges Gründungsjubiläum 1982

Nachdem unsere Fahne bei der Beerdigung verdienter Mitglieder sowie an zahlreichen Festlichkeiten bei guter und schlechter Witterung mitgetragen wurde, verlor sie immer mehr an Pracht und Schönheit. So wurde in der Generalversammlung im Oktober 1980 beschlossen, eine neue Fahne anfertigen zu lassen. In der Gaufrühjahrsversammlung am 5.4.1981 wurde Vogtareuth der Termin für die Fahnenweihe am 6.Juni 1982 genehmigt und als Pflichtbesuch der Vereine des Bayerischen Inngau-Trachtenverbandes zugesprochen. Die Vorstandschaft, die zugleich als Festausschuss fungierte, konnte nunmehr mit den Vorbereitungen beginnen. Als Schirmherr konnte unser Herr 1. Bürgermeister Josef Maier, als Fahnenmutter Frieda Deingruber und als Fahnenbraut Gabi Derda gewonnen werden. Unser Verein konnte im Rahmen einer Festwoche am 6. Juni 1982 wieder eine neue Fahne weihen lassen. Hierzu kamen alle Gauvereine, 16 Musikkapellen und auch mehrere Nachbarvereine aus dem Gauverband I, von denen der Trachtenverein „Almengrün“ Riedering zum dritten Mal bereit war, beim Patenbitten sein Ja-Wort zu geben. Auch alle übrigen Ortsvereine, die ebenfalls zur Gemeinde gehören, waren dabei.
Bei strahlenden Sonnenschein weihte unser Geistlicher Rat Peter Astner unter schattigen Obstbäumen am Krankenhaus die neue Fahne. Fahnenmutter war Frieda Deingruber und Fahnenbraut Gabi Derda. Am Samstag zuvor fand die Totenehrung mit anschließendem Heimatabend statt. Am 3. Juli 1983 durfte unser Verein bei der 100-Jahrfeier der Bayerischen Trachtler in München mitmachen.


Das 70-jährige Gründungsjubiläum

Mit einem Gedenkgottesdienst für alle verstorbenen Mitglieder feierte der Trachtenverein „Unterinntaler“ im kleinen Rahmen sein 70-jähriges Bestehen. Auch 1. Bürgermeister Emmeran Spötzl gratulierte an diesem Festabend, der von unserer Blaskapelle unter Leitung von Schorsch Stephan musikalisch umrahmt wurde.

Seither wechselten sich verschiedene Trachtenveranstaltungen, die Teilnahme am Leonhardiritt in Grafing, Preisplatteln und Dirndldrahn sowie einige Festbesuche in der Aufgabenvielfalt der Vogtareuther ab.


Das 80-Jahr-Feier (14. bis 18. Juni 2001)

Die Festwoche zum 80jährigem Gründungsfest begann am Fronleichnamstag mit dem Bieranstich. Am Freitag zum Tanzabend spielten die aus dem Burgenland angereisten Tanzgeiger, die ihre Anhänger aus nah und fern anlockten. Nach dem Totengedenken am Kriegerdenkmal fand am Samstag der große Heimatabend statt. Gauvorplattler Sepp Lausch führte gekonnt durch das Programm. Die Geschwister Stühlmüller, die Brucker Sänger bereicherten neben den vereinseigenen Gruppen den Abend. Den krönenden Abschluß bildeten die „Verheirateten“ mit dem „gefüllten Sterntanz“ sowie die Aktiven mit dem Kronentanz. Den festlichen Gottesdienst am Festsonntag mußte Dekan Emmeram Oberberger leider im Zelt zelebrieren, da es angesichts des Regenwetters draußen nicht möglich war. Pünktlich aber zum Festzugbeginn hörte der Regen auf und der Festverein konnte, angeführt vom Festleiter Schorsch Sewald und der Musikkapelle Stephan dann doch noch durch den festlich geschmückten Ort ziehen. Neben den 13 Ortsvereinen beteiligten sich am Festzug 14 Trachtenvereine aus Inn- und Chiemgau sowie Gauverband I, 7 Festwägen und Kutschen und 6 Musikkapellen. Mit der stärksten Beteiligung erhielten die Simsseer Prutting den Meistbeteiligungspreis vor Bad Endorf und Riedering.

Die Festwoche endete mit einem Kesselfleischessen zu dem die Söchtenauer Blasmusik zünftig aufspielte.